Black Metal Cowboy – Tote hören keinen Techno – Kapitel 5
Kapitel 5 – Techno-Ninja
Der kleine Junge starrte in den Himmel. Die Stimme hallte noch in seinen Ohren, eine hübsche Frau war erschienen und hatte in an die Hand genommen. “Du bist auserwählt, Siegmund.” Der Junge war ergriffen von solcher Eleganz, dass er nicht antworten konnte. “Du bringst das Licht in die Welt.”
Sie hatte sich zu ihm heruntergebeugt und auf die Stirn geküsst. An dieser Stelle fühlte er ein lustiges Jucken, doch die Frau verbot ihm diesen Punkt zu berühren. “Ganz vorsichtig, kleiner Junge. Es ist die Quelle deiner Macht, sei gewiss, es wird die große Dienste tun.”
Die Mutter fand den kleinen Siegmund in die Luft starrend. Sie folgte seinem Blick, sah jedoch nicht mehr als Wolkenfetzen über ihren Köpfen davonsegeln. Auf ihre Frage wandte der Junge den Kopf und sie sah ein kreisrundes Bild auf seiner Stirn. Sie spuckte in ihr Hand und versuchte, es zu entfernen. Doch es gelang ihr nicht. Stattdessen fühlte sie eine plötzlich aufkommende Freude und die Welt begann, sich zu ändern. Der kleine Junge starrte seine Mutter, während sie kichernd und juchzend durch die Gegend tanzte. Er lachte auch und freute sich, dass seine Mutti sich so freute. Er wusste nicht…
In ihrer Welt kicherten die Bäume und die Wände des Hauses änderten ihre Farben und die Welt jubelte und alles war so toll und alles sprach mit ihr, sogar…
das Auto, das mit 35 km/h, 5 km/h schneller als erlaubt, um die Ecke bog und
der Junge sah, wie die Mutter durch die Luft segelte und
Sie konnte fliegen. Flieeegen.
Der Autofahrer sah durch den Riss in der Frontscheibe die verrückte Frau davonsegeln
Siegmund erwacht keuchend. Er betastet den Verband um seinen Kopf. Noch fest. Sehr gut. Er lehnt sich zurück und atmet stoßweise. Erneut der Traum. Er erhebt sich von seinem Bett, dreht sich herum und beginnt, das Bild an der Wand ihm gegenüber anzubeten. Eine Türe klickt, Schritte nähern sich ihm. Eine Hand auf seinen Schultern. “Schon wieder dieser Traum?” Siegmund nickt. Er dreht sich um und erblickt dasselbe Gesicht, wie noch vor Momenten auf dem Plakat hinter ihn”Vater!” Sein Gegenüber nickt. “Du warst großartig. Wir haben die von dir gebrachten Frauen begutachtet und freuen uns über den Erfolg deiner Mission. Wir sehen dein Geschenk gnädig an.”
“Werden es neue Schwester für die Mission” fragt Siegmund. Vater nickt.
“Es werden täglich mehr, die dienen wollen.”
Dann dreht sich Vater um und geht aus dem Raum. Siegmund ist allein. Er geht ins Bad und betrachtet sein Ebenbild im Spiegel. Vorsichtig nimmt er den Verband von seiner Stirn. Hastig blinzelnd öffnet sich sein 3., sein heiliges Auge, bewegt sich, fokussiert.
Zurück in seinem Zimmer sieht Siegmund, dass es noch nicht ganz 1 Uhr ist. Er hat sehr kurz geschlafen, wie immer, wenn er aufgeregt ist. Eine seltsame Unruhe überfällt ihn, als könne seine Gabe ihn befähigen, in die Zukunft zu schauen. Er geht in die Lotosposition und betrachtet eine einzelne, verfallende weisse Lilie, die auf dem hölzernen Altar gegenüber dem Fenster steht. Hinter dem Altar nur eine weisse Wand, nichts soll ihn ablenken.
Niemand wird die Gemeinschaft aufhalten, niemand wird Vater widerstehen können. Er lächelt kurz, zieht seinen musikalischen Begleiter aus einer Schublade unter dem Altar hervor und schaltet ihn ein. Dumpf hämmernder Bass, von zarten Melodien durchzogen fließt durch die Kopfhörer in seinen Verstand. Er fühlt, wie die Energien der Lebewesen um ihn herum im Klang der Musik tanzen, spürt, wie die Kraft aufsteigt, wie seine Chakren sich mit allumfassender Liebe füllen.
Er bewegt, stumm und völlig ohne Begehren, die Finger zu den heiligen Mudras, die ihm Kraft geben, seinen Weg zu gehen. Entsetzen zerrt kurz an seinem Bewusstsein und verschwindet wieder.
Hinter dem einseitig durchsichtigen Spiegel wacht ein Mann über die Meditation. Doktor Störensen, seinem Schützling und den ihm folgenden Jüngern nur als “Vater” bekannt, lächelt milde. Er erinnert sich für einen Augenblick an den Film “Dr. Mabuse”, welchen er als Kind dutzende Male im Hause seiner Großtante sehen musste. “Dr. Mabuse” hat ihn geprägt, mehr noch, erschaffen. Doch wird der Doktor hier erfolgreicher sein als sein filmisches Vorbild. Keiner kann Siegmund aufhalten. Nicht einmal er.