Adventus Santa – 21 – Durch die Eistore

Adventus Santa – 21 – Durch die Eistore

Nichts passierte.
Sie versuchten es immer und immer wieder. Santa blieb leblos, ein Körper, den nur die Kräfte seiner eigenen Gravitation zusammenhielt.
Rob schaukelte hin und her, als säße er in einem Schaukelstuhl.
Rays Mund fühlte sich trocken an. Unendliche Müdigkeit hatte sich in seinen Kopf gestohlen, presste ihn zu Boden. Seine Worte waren zu Mantras geworden, ohne Sinn, nur noch Silben einer verlorenen Sprache.
»Entweder es funktioniert sofort – oder nie«, meinte Candy, deren Flügel traurig an ihrem Rücken klebten.
»Hat er kein Blut übrig? Ich meine, Baldur hat mich doch gerettet«, fragte Rob mit unendlich winzig wirkender Stimme.
Ray begann, Santas Kleidung zu durchsuchen. Nach ein paar Minuten gab er seufzend auf. »Da ist nichts.«
»Vielleicht können die Elfen helfen?«, fragte Rob. »Ich meine, die … müssen ihn doch kennen.«
»Ein paar Elfen waren hier, die wurden aber fortgeschickt. Und der Rest muss verborgen sein, oder versklavt. Krampus und seine Armee …«
»Nein, das ist jetzt Sandys Armee. Sie hat dies alles getan, aus Rache«, murmelte Rob.
»Warum sollte sie?«
»Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass ich sie gesehen habe. Sie war sehr wütend. Und Krampus und Osterhase, sie … also sie sind zusammen. Wie in einer heimlichen Beziehung.«
Candy schüttelte den Kopf. »Ich kenne Sandy. Sicher, sie war manchmal traurig. Sie ist schon sehr alt. Santa hatte sich vor vielen Jahren in sie verliebt und sie gerettet, als Mörder sie umgebracht haben. Aber weil niemand an sie denkt, zerfällt sie. Jeder schaut Santa an. Niemand schaut sie an. Und das seit Ewigkeiten.« Sie blickte auf. »Die Tore aus Eis!«
»Was?«
»Wir müssen Santa fortschaffen. In der Tiefe gibt es drei magische Tore aus Eis. Durch diese Tore fliegt Santa immer, wenn er eure Welt besucht. Dort bekommt er seine Kraft und die Magie, die ihn am Leben erhält, erneuert ihn, macht ihn wieder jung.«
»Und wie willst du diesen Körper nach unten bringen? Der Mann wiegt mindestens so viel wie wir drei zusammen.« Ray blickte sich um.
»Wir können«, antwortete eine Stimme. Ein Elf kroch durch die Tür, blickte sich um. Ein zweiter Elf folgte ihm. Ihre schwarzen Augen starrten mitleidlos auf die Gruppe. Zwei weitere Elfen erschienen.
»Hat Sandy euch nicht gefangengenommen?«
»Wir sind Legion«, meinte der erste Elf, einen Hauch größer als die anderen. »Wir sind Elfen. Sie gehorchen niemandem. Nicht ihm«, er blickte auf Santa hinunter, »nicht Sandy, nicht Krampus, nur uns selbst. Aber wir brauchen Santa, einen Santa, einen Menschen, der unsere Verbindung zu euch Menschen herstellt. Und jede Heilige Nacht, wenn die Finsternis am größten ist, senden wir ihn hinaus in eure Welt, auf dass er wieder ein Mensch wird, nur für diese Zeit. Davon leben wir. Wir sind so unendlich alt, doch ohne euch sterben wir.«
Er schnippste. 6 weitere Elfen erschienen, packten Santa, hoben ihn an und wanderten die Tür hinaus.
»Habt ihr keine Angst vor Krampus und seiner Armee oder Sandys Rache oder …«
Der Elf drehte sich um. »Kommt ihr oder wollt ihr ewig reden?«, fragte er.
Die nächsten Minuten rasten vorbei, genauso wie die Umgebung. Von dem riesigen Turm rollte eine Treppe hinunter, die die Elfen mit übermenschlicher Geschwindigkeit nahmen, trotz Santas Gewicht. Die Wände glitzerten vom Dampf aus den Mündern der Menschen. Die Treppenstufen knirschten unter ihren Schritten.
Auf dem Boden angekommen, rannten sie weiter. An der Fontäne blieben sie stehen. Einer der Elfe sprach Worte einer vergessenen Sprache und der Brunnen stoppte sein Werk, spaltete sich. Blaue Finsternis schoß in die Höhe. Die Elfen zerrten Santa über die Kante. Augenblicke später waren sie verschwunden.
»Sollen wir wirklich?«, fragte Rob, doch Ray ihnen schon gefolgt. Rob blickte Candy an. »Es …«
Sie schoss in die Tiefe. Zitternd blickte Rob ihr nach, dann schloss er die Augen und sprang.

Das blaue Licht riss an ihm, doch der Boden schien weich zu sein. Rob öffnete seine Augen. Ein Rentier starrte ihn an, dann leckte es über seine Stirn.
»Spiel nicht mit Rudolph! Los! Schicken wir ihn und seinen Schlitten durch die Tore!«
Rob lachte, das erste Mal seit einer Ewigkeit.

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