Adventus Santa – 18 – Wer ist Santas Frau

Adventus Santa – 18 – Wer ist Santas Frau

Ray kroch hinter Cindy her. Ihr Hintern leuchtete in der Finsternis. Ray hätte es genossen, wenn er nicht gewusst hätte, dass eine zornige Meute Krampuswesen hinter ihm her war. Er versuchte außerdem, die Schreie zu überhören, die aus dem Tunnel zu seinen Füßen rasten – unterbrochen von hochfrequenten zornigen Piepen der Ratten. War der Rattenfänger, der Piper, echt gewesen? Sicher. Hier war alles echt. Man müsste ein Buch darüber schreiben.
»Komm schon«, meinte Candy. Sie war schon hinter einer Ecke verschwunden und blaues Licht biss sich in der Finsternis fest. Ray schüttelt den Kopf, kroch schneller voran und stieß endlich eine Tür zur Seite.
Für einige Augenblicke glaube er, blind zu sein.
Die Sonne hing an einem mehr als nur blauen Himmel. Der Himmel schien übersatt von dieser Farbe zu sein, während der Boden weiß wie Schnee war. Schnee. Ja. Kälte hüllte Ray ein, eine spezifische trockene Kälte, die er seit Jahren nicht mehr erlebt hatte. Sicher, daheim gab es auch Schnee, oft genug, aber dieser trug das Gefühl von Unreinheit in sich, als wäre das Industriegebiet, 5 Meilen landaufwärts, als wären seine hohen Türme und sein kochender Rauch verantwortlich dafür, den Himmel zu schänden und den Schnee zu vergiften.
Doch das hier, das war originaler Schnee, echter Schnee, allerfeinster Pulverschnee.
»Hast du noch nie Schnee gesehen?«, fragte Candy.
»Nee. Also ja«, murmelte er.
Sie blickte ihn an, als wäre er irre.
Vermutlich war er das auch, denn das, was er sah, konnte nicht echt sein.

»Ist das …?«, fragte er.
Candy nickte. »Ja, das ist Santas Heim.«
Heim – was für ein Wort. Vor ihren Augen schob sich eine Festung in den blauen Himmel, höher als jeder Wolkenkratzer, den Ray je gesehen hatte. Weiße Wände, unterbrochen von vereisten Kristallen, gestützt von gigantischen Klauen aus glitzerndem Eis – es schien unwirklich zu sein.
»Wenn wir näherkommen, wirst du sehen, es ist deutlich kleiner«, meinte Candy, lächelte, dann wurde sie ernst.
»Ich sehe keine Armee hier«, meinte sie. »Das ist merkwürdig. Sagte Santa nicht, er wäre angegriffen worden.«
»Ja, ich dachte …« Ray zuckte mit den Schultern. Sie hatte recht. Alles wirkte friedlich, fast schon traumhaft ruhig. »Vermutlich ist das eine Falle.«

Sie krochen näher. Die Wände wurden höher und steiler. Nach einer halben Stunde gefühlter Zeit standen sie vor dem Tor. Es stand offen, lud jeden ein, einzutreten. »Und nun?«, fragte Ray.
Er folgte Candy. Der Innenhof der Festung wirkte deutlich kleiner als die gigantische Außenmauer. Aber auch hier war niemand. Ein einsamer Springbrunnen liess Schneefontänen durch die Luft wandern.
»Wer seid ihr?«, fragte eine Stimme.
Ray wirbelte herum.
Das Gesicht der Frau war freundlich, mehr als nur liebenswürdig. Ihre Wangen glitzerten rot wie Äpfel. Ihre Augen waren so blau wie ihre Lippen. Sie lächelte mit unendlicher Weisheit.
»Sandy Klaus?«, fragte Candy.
»Das ist aber mein Name, Liebchen«, lächelte die Frau.

»Santa hat sicher keine Macke«, lächelte die Frau Minuten später. »Er ist ein wenig überarbeitet und ich mache mir Sorgen.«
Sie stellte eine Tasse heißen Kakaos vor Ray auf den Tisch in ihrer warmen, mehr als nur angenehm wirkenden Küche.
»Ihr seid extra zum Nordpol gekommen, um mich zu retten?« Sie kicherte, drehte sich zum Herd um und schüttelte den behaupten Kopf. »Ach Santa. Das ist nicht das erste Mal, dass er verschwindet, aber nie so kurz vor seinem großen Tag.« Sie rührte im Topf, blickte zur Seite, seufzte. »Fast zweitausend Jahre macht er das schon. Ich mache mir mehr Sorgen als ich sollte. Ich meine, Santa ist unsterblich, in eurer Welt.«
»Wo ist Krampus?«, fragte Candy.
»Krampus? Warum?«, fragte Sandy zurück.
»Weil er nicht in seinem Reich ist. Der Osterhase ist auch verschwunden …«
Sandy kicherte. »Krampus und Osterhase nicht da? Hmm, also ich weiß nicht … Sollte ich mir doch Sorgen machen?«
Der Kakao war gut, war stark, war lecker, war … unanständig ermüdend. Ray blickte auf. Sein Blick verschwamm. Er versuchte, ein Wort zu sagen, aber seine Zunge gehörte nicht mehr ihm. Er fiel nach vorn, seine Augen streiften den Backofen, aus dessen Inneren ihn das verbrannte Gesicht einer Elfe anstarrte.

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