Schreib-Prompt: Team Red Teddy

Schreib-Prompt: Team Red Teddy

Endlos zog sich das Meer aus glänzenden Dächern dahin, einige davon schon wieder sauber, wo andere noch vom Staub und Schmutz der Straße verdreckt waren.

„Drei Stunden auf der A8, dann, soweit es passt, auf die …“

Weiter kam Mike nicht. Ein einsamer Helikopter raste heran und verschwand wieder in der Ferne.

„Wo war ich stehengeblieben?“, fragte er. Unhörbare Worte zischten aus dem Bluetooth-Headset in sein Ohr. Er nickte, als ob jemand ihn beobachten würde. „Natürlich. Ich gehe davon aus, dass ich gegen 17 Uhr …“

Wieder wurde er unterbrochen. Diesmal nicht von der Stimme seines Chefs, sondern von Bewegungen, schnellen Händen, an denen dünne Arme hingen. Er wollte ein Wort äußern, stoppte. Die Hände kamen ihm bekannt vor. Die Arme ebenso. Doch das Gesicht, das auf dem dürren Hals steckte, war ihm fremd. Oder doch nicht?

Er hob seine Hand, winkte zurück.

„Äh“, murmelte er.

„Oh, nicht Sie, Herr Müller“, teilte er der Stimme im Ohr mit. „Ich habe Sie verstanden. Es ist …“

Es klickte unhörbar.

Er war allein. Fluchend riss er sich das Headset vom Ohr und warf es auf den Beifahrersitz, wo es von den geöffneten Ordnern abprallte und irgendwo zwischen Sitz und Beifahrertür verschwand.

Er hob seinen Blick wieder, starrte durch das Rückfenster des Wagens vor ihm. Ein gestrickter Hut funkelte in verfallenem Rosa.

Ein Schmunzeln kroch über seinen Mund, ohne dass er es wollte. Es erinnerte ihn an die Fahrten mit seinen Großeltern, die immer – sehr unauffällig – eine Rolle Klopapier transportierten, als würde niemand wissen, dass sie es versteckten, so öffentlich.

In diesem Auto, einem alten Wartburg, hatte er damals seinen besten Freund kennengelernt. Der Wagen war neben ihm gelandet, als wäre er von Außerirdischen herangebeamt worden. Markus und er waren damals im selben Ferienlager gewesen, die Strecke der beiden Autos hatte sich gekreuzt und sie waren schon vor dem Lager einander begegnet. Dann hatten sie sich geschrieben. Dann nicht mehr.

Das musste vielleicht dreißig Jahre her sein. Und fast ein Jahrzehnt, seitdem Mike das letzte Mal an die verlorene Freundschaft gedacht hatte. Seitdem hatte er keine Freunde mehr gehabt, nur noch Bekannte und Kollegen. Sie hatten eine Geschichte geteilt, damals im Lager, eine Science Fiction Erzählung, die sie über zwei Planeten in einer fernen Galaxis erschaffen hatten. Sie waren jung gewesen und es waren Planeten über Teddybären gewesen, ein Paradies.

Doch das Paradies war erloschen, war ins schwarzen Loch des wirklichen Lebens gerollt. Und all die Jahre war es verschwunden gewesen.

Bis heute.

Die Hände winkten noch immer. Das Gesicht, das auf dem dürren Hals steckte, an dessen Schultern zwei dünne Arme steckten, grinste.

Dann wurde die Tür aufgerissen, die Gestalt des Kindes raste heran. Finger klopften gegen das Fenster in der Wagentür.

„Sind Sie Michael?“

Mike nickte. „Ich heiße so, aber ja?“

Der Junge, er mochte 10 oder 11 Jahre alt sein, rannte zurück. Öffnete die Tür des Wagens, rief etwas, fuchtelte wild mit den Händen.

Augenblicke später öffnete sich die Fahrertür. Ein Mann stieg aus, ebenso schmal wie der Junge, ein heller Bart umrahmte sein Gesicht.

Er winkte.

Mike winkte zurück.

Irgendwo klingelte ein Telefon. Ein Helikopter sauste über die beiden Wagen hinweg.

„Team Red Teddy“ klebte auf zwei Heckklappen, handflächenklein. Groß genug.

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