Black Metal Cowboy – Tote spielen keinen Techno – Kapitel 1

Black Metal Cowboy – Tote spielen keinen Techno – Kapitel 1

Kapitel 1 – Rick hat ein Problem

Verdammte Scheiße“, flucht Bob, einer der vierschrötigen Jugendlichen und steht auf. Er wendet sich seiner Gang, seiner Bande, seiner zu allem entschlossenen Mannschaft zu und deutet auf etwas zwischen seinen Fingern. Die Leute kommen näher. Blitzschnell lässt er seine Hand kreisen, hält einen Nagel hoch. „Rick“, sagt er und deutet auf einen hageren, fast zerbrechlich wirkenden Jungen. „Rick“, sagt er erneut und man spürt, dass sich in seinen Worten Macht befindet. Er ist der Alpha der Gruppe und zeigt dies auch ständig, denn sonst würde Peter, im Moment noch Beta und sich seiner Kraft nicht bewusst, ihm noch offener die Herrschaft streitig machen. „Rick“, er sagt es ein drittes Mal, „weisst du, was das ist? Das ist ein Nagel, du Idiot, du Spast, du hirnamputiertes Exemplar eines Idioten.“ Der Angesprochene zuckt, dreht sich um die eigene Achse in der Hoffnung, man würde ihm beistehen. Doch umsonst. Bob nähert sich ihm, schaut ihm tief ins Gesicht; dann landet ein Faustschlag direkt im Magen des Verantwortlichen. Rick geht würgend zu Boden, hält sich den Bauch und winselt erbarmungswürdig. Ein Teil von Bob sagt ihm, das er so mit Menschen nicht umgehen soll, der Rest aber schreit laut: „Ja, weiter!“

 

Bob schaut sich um. Keiner in seinem Rudel hat aufbegehrt. Gut.

Fluchend schaut er sich erneut den Schaden an. Dann packt er Rick bei der Nase und zieht ihn hoch. Voller Ekel wischt er seine Hand an dessen Jacke ab, die Jacke, die Ricks Mutter ihm schon oft genug waschen musste, weil sie voller Blut, Ricks Blut, war. Und nun auch noch Rotz. „Na, da wird die Mutti aber böse werden, nicht war, Richard?“ höhnt er. Er muss sich beherrschen, dem Trottel nicht noch einen Tritt in die Eier zu geben. Ganz nah kommt sein Mund dem Ohr seines Opfers. „Der Reifen ist kaputt. Es ist dein Wagen, deine Dreckskarre, du wechselst den Reifen. Ist… das…. klar?“ fragt er ihn und aus dem Imperativ dieser Frage wächst mehr und mehr ein Befehl an die Gruppe, sich von Rick fernzuhalten.

 

Rick nickt. Bob hebt seinen Kopf und schaut lachend in die Runde. „So. Nachdem das geklärt ist, wo ist der Alkohol?“

 

Peter hat bereits die erste Flasche geöffnet und schaut zu seinem Chef. Dieser hebt die Augenbraue, Worte benötigt er nicht, denn sein Rudel ist fixiert und das ist auch gut so. Ein dumpfer Gedanke bäumt sich auf, als er sich daran erinnert, dass er auch einmal der Beta war und nimmt sich vor, es nicht soweit kommen zu lassen. „Nein“, sagt er sich lächelnd, „ich werde niemals um Gnade betteln.“

 

Bob fängt eine Flasche auf und schraubt sie auf. Medizinischer Geruch macht sich breit und der erste Schluck, das Brennen von Feuerholz in seinem Mund, Rachen, Magen, ist wie üblich überwältigend. Er überwindet den Reiz, spuckend, schreiend auf dem harten Wüstenboden zu liegen, den Staub der verfallenen Kakteen einzuatmen und sich so vor dem Rudel zu blamieren. Dafür gibt es Rick, den Omega. Schluck um Schluck dringen Flammen in seinen Körper ein, bis die Flasche halb leer ist. Er nimmt sie von den Lippen und rülpst sich den Magen aus dem Leib. Das Rudel jubelt. Nun trinken sie auch.

 

Bob sitzt auf der Ladefläche des Pickup-Trucks und hofft, dass Rick es hinbekommt. Vermutlich hat der vorher noch nie einen Reifen gewechselt. Bob grinst, bemerkt dann aber, dass ohne Auto ein langer Heimweg anzutreten ist. An Zelte hat keiner gedacht. Ein Lagerfeuer brennt innerhalb von Minuten lichterloh, hat doch sein Beta auf den Fingerzeig reagiert und das Rudel Holz zusammentragen lassen.

 

Im Hintergrund hört Bob, wie sich Rick abmüht. Herrlich. Er schnippst und Jane, eine doch noch recht attraktive, weil ungeschwängerte, Zwanzigjährige kommt auf ihn zu. Er würde sie gerne hier und jetzt flachlegen, aber es ist zu billig. Dafür steckt er ihr hier die Zunge in den Hals. „Was für ein kleines Luder“, denkt sich Bob und wendet sich seinem Omega zu. „Und? Fertig?“ Kein Ton. Er dreht sich um und sieht, dass Rick verschwunden ist. „Fuck“, kommt ihm über die Lippen, da sieht er, wie sich hinter dem Auto etwas rührt. Er pfeift und sein Beta eilt, auch mit einem Fluch auf den Lippen (nana, so aggressiv hat er ihn noch nie erlebt, vermutlich steht er auf Jane), an ihm vorbei und hinter das Auto.

 

Scheiße!“

 

Die Meute beginnt neugierig zu werden. Bob begibt sich sicher, dass nichts passiert ist, zum Auto und sieht, wie ein alter Mann sich zusammen mit Rick am Reifen abmüht. Bob kann sich vor Lachen gar nicht mehr einkriegen, da sieht er, dass es sich um den Vater des Sheriffs handelt, die Augen zusammengefallen wie das Gesicht, fast so gelb wie die Wüste am frühen Morgen. „Lasst den Jungen in Ruhe.“ sagt er Alte und lässt einen Tropfen Speichel in den Sand fallen. Die Meute tobt. „Scheiße, ja“, antwortet ihm Bob und dreht sich um. „Wir wollen nur nicht, dass du an einem Herzinfarkt stirbst, während du dem Idioten hilfst.“ Der Alte schüttelt den Kopf. „Idiot? Idioten sind die Leute, die sich für was Besseres halten.“

 

Bob, inspiriert von dem Satz, dem alten Mann einfach ins Gesicht zu schlagen, atmet schwer. Das Rudel weiss, was jetzt gerade beginnt: Bob tickt völlig aus. Doch gefehlt, die Halsschlagader des unbeliebtesten Schülers und beliebtesten Football-Players seiner Schule pulsiert immer weniger und vibriert irgendwann nur noch. Er nickt. „Wäre dein Sohnemann nicht der Chef im Ort, dann…“ „Dann hättest du mir aufs Maul gehauen. Jaja, so ist die Jugend von heute. Damals waren wir nicht anders.“ Bob flucht. „Keine der alten Geschichten, Opa.“

 

Geschichte? Du magst groß sein, aber besonders intelligent bist du nicht.“ Bob kommt wieder näher. „Gleich krieg ich nen Herzkasper oder ich schlag dir die letzten zwei Zähne aus.“ Der Alte zuckt mit den Schultern. „Ich meine ja nur, dass du niemanden verletzen solltest, während du dich zu nahe an der Jamed-Mine befindest. Das hat Auswirkungen.“

 

Bob lacht laut auf und sein Rudel, unschlüssig, was es sagen soll, lacht verhalten mit. „Jamed-Mine? Sag jetzt nicht, das hier ist die sagenumwobene Mine, in der der letzte indianische Gesetzeshüter vergraben wurde. Hat sich selbst darin eingesperrt und die Mine in die Luft gejagt.“ Der Alte nickt. „Jaja, ich war dabei! Sie haben sich den Irrenge gekrallt, wollten ihn lynchen. Scheiße, er ist abgehaun. Sie haben sogar die Armee hinter ihm hergeschickt. Dann, so sagt man, sind die Soldaten nicht mehr zurückgekommen. Und die Leute erzählen noch immer, dass sie, als sie hier waren, nur noch die Uniformen der Männer gefunden haben und die ganze Gegend hier war mit Asche bedeckt. Das hier sind keine Staubkörner, mein junger dummer Freund, das hier sind Reste von guten, braven Leuten, die gestorben sind, weil sie einem besessenen Gesetzeshüter den Garaus machen wollten. Seitdem…“ Er stoppt. „Kein Mensch hat sich mehr in die Mine gewagt. Kein Mensch. Nur die dümmsten Leute würden dort hinein gehen.“ Er grinst. „Du vielleicht, Quadratschädel. Ich hab zwar gehört, dass deine Eltern eigentlich Cousin und Cousine sind, aber wenn ich mich recht erinnere, hatten beide denselben Vater.“

 

Bob brüllt lauter, als ein Stier, wenn man ihm mit glühenden Zangen an den Eiern packt. Er tickt völlig aus. Der Alte kichert laut, läuft gackernd an der tobenden Gestalt, die das Rudel versucht, zu bändigen, vorbei und in die Dunkelheit. Bob bricht durch die Wand von Armen, mehrere seiner Untertanen fliegen durch die Luft und landen unsanft auf dem Boden oder in einem der umstehenden Kakteen. Die mächtige Gestalt verschwindet in der Dunkelheit.

 

Peter schaut sich um, reibt sich die blutige Nase und beginnt zu lächeln. Ein Beta weiß, wenn der Alpha aus dem Haus ist, erinnert sich an die Geschichten im Fernsehen über Gefängnisrevolutionen, die er besonders toll findet und er handelt.

 

Rick“, meint er lächelnd und sieht mit Begeisterung, dass sich der Hosenscheißer zurückweicht. „Komm doch her, Rick. Weißt du…“ er beendet den Satz nicht, als er ein Stick Kaktus an den Kopf bekommt. Die dampfende Gestalt Bobs ist aus der Finsternis aufgetaucht. Peter flucht leise. „Hast mich unterschätzt, nicht wahr?“ fragt Bob und Peter nickt. Doch heute wird er sich nicht unterkriegen lassen. „Dich unterschätzt? Ich dachte, du wärst klug genug, zu erkennen, dass du ein Vollidiot bist.“ Das leichte Zucken von Bobs rechtem Auge wäre von jedem anderen Zuschauer übersehen worden, aber Peter hat seinen Alpha lang genug beobachtet. Er weicht gekonnt der Linken aus und landet mit der rechten Faust in Bobs Gesicht. Unbeeindruckt davon wirbelt Bob herum und platziert selbst einen Hieb auf Peters Schulter, rutscht nach oben ab und erwischt dessen Ohr. Fluchend weicht Peter zurück. Bob grinst und macht sich bereit für einen Tackle. Er sprintet los, Kopf voran mit ausgebreiteten Armen. Peter tritt zu, sein Fuß landet direkt im Gemächt seines Gegners. Der augenscheinlich nichts davon mitbekommt, da sein Schädel direkt auf Peters Brust landet und ihn zurückwirft. Das Knacken ein oder zwei gebrochener Rippen (und vermutlich eines Brustbeins) und der darauffolgende Schmerz durchdringen den Verstand des Opfers. Er spuckt und weicht erneut zurück. Peter bemerkt, wie er auf etwas Weiches tritt, schaut hin. Ein Fehler, wie Bob augenscheinlich findet, denn sein Ex-Beta liegt einige Augenblicke stöhnend auf dem Boden.

 

Rick schreit. Bob wacht auf, einem Berserker gleich, der bemerkt, dass er soeben gestorben ist. Das Rudel nähert sich, doch Bob winkt ab. „Es ist alles in Ordnung. Bleibt weg!“ Das Rudel gehorcht. Bob grinst und schaut nach, wieso der Vollidiot ihn aus seiner Konzentration gerissen hat.

 

Oh. Die Klapperschlange, ein herrliches Exemplar, wie er findet, hat sich genüsslich in Ricks Halsschlagader festgebissen. Der Schwanz der Schlange abgerissen, ein Teil davon klebt blutig unter dem Schuh des hingestreckten Beta.

 

Doch nun zu Rick. Der Junge, schmächtig, dünn, fast filigran, zuckt mit den Augenlidern, den Mund in grenzenloser Agonie aufgerissen, ein stummer Schrei. Bob weiß, der Omega wird sterben.

 

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