Black Metal Cowboy – Tote hören keinen Techno – Kapitel 4

Black Metal Cowboy – Tote hören keinen Techno – Kapitel 4

Kapitel 4 – Er erwacht

Tanzende Schwäne aus Altmetal kreischen durch die Lüfte. Peter schüttelt den Kopf und bewegt sich weiter durch die Nacht. Er schleift seinen Begleiter hinter sich her, als wäre er ein Sack, der sich nach und nach mit immer mehr Steinen füllt. Ein Auto sausst an ihm vorbei, kaum einige Yard entfernt. Peter schaut hoch und sieht, dass er auf dem Highway steht. Der Boden glüht noch von der Sommersonne, die gerade, nur vor langen Minuten untergangen ist. Er fühlt, dass der Kleine nur noch kurze Zeit zu leben hat und für einen winzigen Augenblick fühlt er sich schuldig. Und er schämt sich, dass er Bob nicht die Fresse poliert hat. Bei seinem Tritt hatte er es bemerkt: Bob trägt ein Suspensorium. Keine Zeit nachzudenken, nur weitergehen. Er sieht eine Straße den Highway streifen. Die eine Richtung geht in die Berge, die andere in die Kleinstadt, aus der er gekommen ist. Eine Kreuzung, tief im Nirgendwo begraben. Er lässt seinen Begleiter fallen und geht langsam hin. Dann greift er in die Hosentasche und befördert einen silbernen Dime nach draußen. Dann schreitet er die Ecken ab und ruft, mehr aus Spass, denn aus Ernst, aus einer Art “Sage 3x Candyman in einen Spiegel und er wird erscheinen.” den Namen des Herren des Kreuzwegs an. Er spricht seinen Wunsch in die Finsternis, wie er es schon oft getan hat und wirft die Münze hinter sich. Er wartet. Leise zischt der Wüstenwind an ihm vorbei. Er lächelt müde und leidlich enttäuscht. Dann geht er zurück und packt den heiser keuchenden Rick auf seine Schulter. “Noch einige Schritte, dann sind wir bei der Mine.”

Tatsächlich sieht er in der Ferne die Berge aufblitzen, als wären sie gerade erschaffen worden. Dort, eine Art Mund in einem grotesken Gesicht, die Mine. Er quält sich mit dem Bündel durch das Gestrüpp, versucht, einen Trampelpfad zu finden. Vergebens. Der Alte hatte Recht gehabt: Hier war seit Jahrzehnten kein normaler Mensch entlanggelaufen.

Das Zirpen der Heimchen, die seinen Weg begleitet hatten, verstummt völlig und Peter hört nur noch seinen Herzschlag und das Keuchen in seinen Lungen. Augenscheinlich verlassen Rick gerade die letzten Lebensgeister. Peter denkt nicht darüber nach, was er tut. Würde man Bob jetzt fragen, was er von seinem Beta hält: “Dumm, dumm und stark.”

Unabhängig von der Meinung der anderen, was seine geistigen Kräfte angeht, brechen seine Beine durch die trockenen Sträucher, trampeln Fetzen von Gras nieder und endlich finden seine erschöpften Augen die Stelle, an der er endlich frei wird. Frei von seiner Last. Er gönnt sich einen Augenblick der Ruhe.

Ein fernes Kreischen, näherkommend und wieder vergehend. Sicher irgendein Idiot aus Truppenstützpunkt, fast 50 Meilen entfernt, der sein Motorrad zu einer Nachtfahrt vom Parkplatz geholt hat. Peter war schon öfters dort, hatte sich vorgestellt, aber man hatte ihn kopfschüttelnd abgelehnt: zu jung, zu dumm. Vermutlich was für die Infanterie. Der Stützpunkt hier, der war etwas zu Besonderes. Sicher ein Geheimprojekt für weltweite Terrorbekämpfung, denkt Peter noch immer.

Erneut tobt ein Kreischen über die kalte Ebene, schwebt sinnlos herum und zieht plötzlich direkt in den Berg. Peter starrt entsetzt in die Mine und auf deren Absperrung aus altem Holz, beschrieben mit Verbotsschildern und Zeichen, die er nicht kennt. Sie erinnern ihn an seine Lieblingssuperhelden aus den Comiczeitschriften, an diesen magischen Doktor, der seine Seele dem Teufel verkauft und unglaubliche Fähigkeiten gewonnen hat, an Indianer, ja, besonders an Indianer aus seinen Heftchen. Er tritt näher heran. Etwas wütet vor ihm, er kann es ganz genau spüren. Steine lösen sich und rollen den Hang hinunter. Fluchend weicht er aus. Ein Knacken füllt sein ganzes Gehör aus und dann bricht der Berg entzwei, der entstehende Riss treibt dutzende wurzelförmige Auswüchse in alle Richtungen. Krachend bricht eine Faust durch das morsche Holz, ein zweiter Arm erscheint und reisst das Tor auseinander.

Die Gestalt, die nun in das Leben von Peter Jenkins tritt, ist keiner rationalen Denkweise zuzuordnen, sie besteht nur aus Knochen, mit dunklen Resten von altem, verdorrten Fleisch behangen. Das Wesen trägt einen alten, ehemals schwarzen Anzug eines Sheriffs, der blecherne Stern funkelt wild im hellen Mondlicht; eine Lebensform, von einer Ewigkeit in Verdammnis gezeichnet. Es tritt ins Licht und seine Augen glühen wie Kohle.

Es geht einige Schritte und wendet sich zu Peter. Entsetzt weicht dieser zurück, doch er kommt nicht weit, denn erneut, das zweitemal für einen Abend, fällt er nach hinten. Diesmal hat er Rick übersehen. Kreischend vor Angst rappelt er sich hoch und verschwindet in der mondlichtdurchflutetenden Einöde.

Rick keucht nur noch. Die Kreatur beugt sich zu ihm hinunter, nickt und packt ihn bei den Schultern, zieht ihn nach oben, presst seine dürren Fingerknochen auf sein Gesicht. Die Einsamkeit beginnt rot zu glühen, Licht fließt aus dem Körper des jungen Mannes in sein neuen Wirt. Das Bündel aus totem Fleisch fällt geräuschvoll zu Boden.

Das Wesen grinst, als es sein neues Gesicht befühlt. Es greift nach hinten, folgt einem Gurt, das über seine Brust gespannt ist. Das Ding, das er hervorzieht, gleicht einer Gitarre, doch hat es Saiten aus Metall, der Korpus zu schmal für eine akustische Variante.

Eine Salve von Klängen tobt durch die Ebene. Der Berg bebt und lässt einen Hagel von Steinen in den Wüstensand regnen. Ein Riff, lauter als alles, was je ein Mensch erschaffen wird, lässt die Atome in den Lebewesen um den untoten Musikanten erstarren.

Das Wesen pfeift und nur Augenblicke später steht es vor ihm. Sein Pferd, das Geschenk seiner Meister, die unerkannt zwischen den Realitäten leben. Es ist Zeit, loszureiten. Der Black Metal Cowboy hat einen Auftrag zu erfüllen.

Kommentare sind geschlossen.