Black Metal Cowboy – Tote spielen keinen Techno – Kapitel 12
Kapitel 12 – Finale und Epilog
Die Klingen schneiden unter dem Klirren einer gesprungenen Saite durch die Dämmerung. Der Cowboy hält gegen, seine Gitarre prallt funkensprühend gegen, die Schwerter seines Gegners. Eine Gruppe von weissgekleideten Menschen hat eine Arena gebildet und singt leise. Das Summen ihrer Stimmen versetzt den Bereich in eine sonderbare Schwingung. Der Cowboy wirkt geschwächt, ritt er doch vor einer halben Stunde in das Camp, bereit, dem vorgezeichneten Pfad zu folgen. Er folgte dem Buch und dem Befehl.
Mabuse lachte, als die Gestalt nahte, abstieg. Er trat vor die Türe seiner Baracke, die beiden Bücher in den Armen, die verzerrten Bilder einstiger Gesichter dem erwachten Toten zugewandt. “Dein letzter Gegner, mein Junge.”
Sigmund starrte auf das bleiche Wesen. Er nickte. Schweiß tropfte von seiner Stirn. Seine Augen juckten.
Dann ging alles Schlag auf Schlag. Den ersten Hieben wich der Cowboy aus, eine Art träumerische Eleganz bewegte ihn. Er zeigte die Haltung einer Marionette, an unsichtbaren Fäden geführt, um Verderben zu säen.
Ein Doppelstich trieb ihn zurück. Verwundert blickte er nach unten, als schwarze Reste einer ehemals lebenden Masse aus seinem Leib zu ragen begannen. Schwindel überfiel ihn und erkannte seit all den Jahren das erste Mal wieder das Gefühl von Angst. Aber warum?
Der Platz füllte sich, immer mehr Menschen liefen in einer mathematisch bizarren Form auf den Platz um die beiden Kämpfer, jede einzelne Person mit leuchtenden Augen und einem Lied auf den Lippen. Furchtbare Krämpfe befielen ihn, Schmerz loderte auf wie ein alter Bekannter. Er sah vor seinem inneren Augen die Augen eines Kindes, blau und leuchtend, voller Tränen. Ein letzter Hieb schickte ihn zu Boden. Mabuse lachte noch immer, als er sich ihm näherte.
“Sie sind kein Gegner für meinen Krieger des Lichts. Er schwitzt noch nicht einmal”
Sigmund näherte sich. “ich habe Mitleid mit ihm.” Mabuse schüttelte den Kopf. “Er ist nur ein böses Wesen. Du hast ihn besiegt. Nun vernichte ihn.”
Er drehte sich um, als er hinter sich ein Knurren vernahm. Grimm, der Hund, betrachtete ihn in bodenlosen Hass. “Drecksköter”, meinte Mabuse, trat zu. Grimm wich aus, bellte, beobachtete seinen Feind. Dann biss er zu.
Mabuse liess die Bücher fallen und flucht laut. Er warf mit den Büchern auf das Tier, bemerkte es und sprang hinterher. Beide krachten auf den Boden, Dreck stieg auf. Er griff danach, schrie auf. Im sich verziehenden Staub erkannte er das Gesicht eines fremden, wettergegerbten Mannes, der zornig den Kopf schüttelte. “Die sollen mal das unter sich selbst ausmachen.” sagte Sheriff Lester Wintersorrow.
Die Gestalt des Cowboys rührte sich wieder. Er stand auf und beugte sich über die Gitarre, hob sie auf. Der junge Mann ihm gegenüber spuckte in den Sand. “Ich brauche keine Hilfe, um das Böse zu besiegen. Ich bin auserwählt.”
Immer wieder und wieder zucken die Klingen durch die Luft, ein Hauch von Dämmerung schwebt durch die Finsternis. Gesänge werden leiser, verstummen. Jemand schreit. Panik materialisiert sich in den Gesichtern der Gruppe. Sie drehen sich um, geraten aneinander, kreischen sich an. Sie laufen in den beginnenden Tag.
Die Hiebe des Techno-Ninja werden schwächer, unkonzentrierten Schläge landen auf dem Hals der Gitarre, rutschen ab, verhaken sich. Er keucht. Sein Stirnband hat bereits den Geist aufgegeben, liegt im Dreck. Die Mutation, die einen direkten Zugang seiner Zirbeldrüse zu seinem ausgeprägten dritten Auge bietet, hat aufgegeben.
Zuviel Energie saugt die schwarze Gestalt aus dem einstigen Lichtbringer. “Nein”,
brüllt Mabuse, als der Cowboy sein Gesicht abnimmt. Atom für Atom löst sich der Ninja auf, gleich einem verqueren Puzzle. Ein Schrei, dann wird der nachtgleiche See im Gesicht des Cowboys wieder still. Er wendet sich Mabuse zu, zerrt ihn nach oben und verfährt gleich.
Er zeigt auf den Sheriff, der panisch zurückweicht.
“Nein”, eine leise Stimme durchbricht das verängstigende Szenario. Der Alte nähert sich. Der Cowboy erstarrt in seiner Bewegung. “Nein”, sagt der Alte wieder. “Nimm mich und lass sie gehen.”
“Vater, wieso tust du das?”
Der Alte dreht sich um. “Weil er dein Großvater ist, mein Sohn. Wir sind von seinem Blut. Und er hat dies alles nur getan, damit er das Buch bekommen kann, damit er endlich frei wird. Ich habe damals, vor all den Jahren seinen Körper in Stein gebannt, damit er keinem mehr wehtun konnte. Ich, ich kleines Kind, kaum des Lesens fähig, habe ihn in die Finsternis verbannt. Ich muss die Verantwortung übernehmen.”
Er hebt vor dem fassungslosen Blick seines Sohnes die Bücher auf und hält sie seinem Vater vor das nachtschwarze “Gesicht”. Ein Schrei und er ist verschwunden. Ein Zucken durchläuft die Glieder des dunklen Mannes. Knochen knacken, das Zwitschern von Gelenken, die sich in Staub verwandeln, dann hört man nichts mehr.
Die Kleine tritt aus der Dunkelheit hervor. Sie wirkt verängstigt, Sheriff Lester Wintersorrow hofft, dass das Mädchen keinen psychologischen Knacks mitgenommen hat. Der Schock sitzt auch in seinen Verstand. Das Mädchen packt seine Hand. “Suchen wir jetzt Mutti?” fragt Sie und schaut ihn an. Er nickt. “Ja, wir suchen deine Mutti.” Die Sonne geht auf. Der Wind wird alles wegwehen, wenn er genug Zeit dazu hat.
Epilog
Eine Gestalt fällt kreischend durch Wolken, schlägt dumpf auf. Der Boden ist weich wie Gummi oder, schlimmer noch, Fleisch. Augen betrachten ihn, menschliche und andere. “Du bist neu hier?” fragt eine Stimme. Er nickt. “Kannst du Kämpfen?” er nickt wieder, stützt sich auf seine Schwerter auf, die sich einige Zentimeter in den Boden gebohrt haben. “Wo sind wir?” Die Wesen um ihn herum schauen sich an, fast hört er ein Kichern. “Du bist durch das Portal gekommen. Schau mal, da kommt noch einer.”
Mabuse starrt in die Runde. “Ist das die Hölle?” fragt er. Einige der Gestalten nicken, andere zucken mit den Schultern. “Nein,” sagt eine Stimme. Er wirbelt herum und sieht den Alten mit den beiden Büchern in den Händen. “Nein, das hier ist nicht die Hölle. Es ist nur die Welt, die mein Vater erschaffen hat mithilfe der Bücher. Vielleicht bauen wir hier etwas neues auf, wo auch immer wir sind.”
Mabuse lacht und greift Sigmund bei den Schultern. Der Fuß landet direkt auf seinem Solar Plexus. “Lass das, alter Mann. Keine Zeit zu reden.” Sie nicken. Im Hintergrund hört man das Brüllen einiger Wesen, die die neuen Besucher begrüßen. Stampfend nähern sie sich. Siegmund hebt die Klingen. Er fühlt den Rhythmus durch seinen Körper gleiten. Er lächelt “Immerhin spielen sie hier Techno.”
(ENDE)