Der Pfad – Eine Erinnerung

Der Pfad – Eine Erinnerung

Wenn immer ich mich an meine Kindheit erinnere, denke ich an den Pfad. Gut, für die Großen, Erwachsenen ist es keine echte Herausforderung, den eingezäunten Pfad zwischen zwei getrennten Teilen meiner Heimatstadt zu betreten, aber für mich war es, so oft ich mich auch beherrschen wollte, ein lebendig gewordener Alptraum.

Du musst es dir so vorstellen:

Der Weg hinauf in den Pfad ist so schmal, dass nur ein einzelner Erwachsener ihn beschreiten kann. Es ist kaum möglich, einem möglichen Entgegenkommenden auszuweichen, weil rechts von dir ein Abgrund lauert; die Bäume, die einst den Abhang stützten, wurden ausgelöscht, abgehackt, verbrannt, vernichtet. Nun findest du dort nur noch Dreck, kaum fähig, dich zu stützen, wenn du den Halt verlierst. Auf der linken Seite ein Zaun, hinter dem ein Grundstück auf seine Gäste wartet, daneben, und über den Geruch wirst du sicher nicht erfreut sein: Ein Hühnerstall… wenigstens im Winter erträglich, aber dann möchtest du noch weniger den Gang betreten… denn die Angst, die du in den nächsten Erleben wirst, zehrt von der Finsternis, der du begegnen wirst.

Aus der Entfernung mag der Pfad winzig erscheinen, aber jeder Schritt, der dich hineinträgt, verlängert den Weg bis zum anderen Ende, bis zum Ausgang. Dort, in einer Entfernung, die du nie überwinden wirst, ohne an Herzrasen oder an anderen Dingen zu sterben, wartet die Rettung.

Doch genug von der Hoffnung, es ist noch ein weiter Weg. Aus dem Zaun, den du vor dem Weg in den Abgrund deines Angst noch sehen wirst, beugt sich eine Hecke in deine Richtung. Welches Glück du im Sommer hast, wenn Blätter dich an der Wange streifen, während du dich aufmachst, die Dunkelheit zu betreten. Im Winter jedoch kratzen Finger toter Hände an deiner Kleidung, zerren dich in eine Welt, die du nie betreten willst, biegen sich dir nach, wenn du an Ihnen vorbei schleichst, als hätten sie Augen, die nur auf dich warten.

Auf der rechten Seite, wenn du überlebt hast, wird dir ein großer Garten gezeigt, in dem sonst Menschen feiern, Kinder spielen, um die Birken laufen, sich verstecken, doch nicht im Winter. Du versuchst, dein Keuchen zu unterdrücken, damit du deinen Schritten im Schnee lauschen kannst, dem Knarren deiner Schuhe , wenn Sie die weiße Pracht zusammenpressen, Spuren hinterlassen. Spuren, denen du folgen möchtest, falls du doch noch umkehren würdest, ein paar Schritte, dann wärst du wieder frei.

Die schwarzen Augen der Birken folgen dir, wispern im Rauschen des Winterwinds Geschichten über verlorene Kinder, die vor Jahren erfroren sind, deren Geister noch immer die Hände Ihrer Eltern suchen und nur deinen Anorak finden, sich daran festklammern, flehen und zittern, während du, nur du, sie hören kannst.

Der Pfad wird schmaler, während du ihn beschreitest. Die Zäune beugen sich unter der Last der Jahre hinunter, berühren sich fast an ihren oberen Rändern, während die Hecken ihr Bestes tun, um die Illusion zu verstärken, du seist gefangen, doch du bist es nicht, nicht für diesen Augenblick.

Hörst du das Knurren? Ich höre es, noch immer in meinen Träumen. Das Knurren wird lauter und lauter, bis das Tier, der Hund, bellend, zeternd, kreischend, die Zähne gefletscht auf dich zustürmt, nur von einer Kette gehalten, die zu dünn für seinen Hals wirkt, seinen Kopf nur ein paar Handbreit vor deinem Gesicht stoppen lässt, das diese zornige Kreatur dir zerfleischen würde, wenn Sie könnte. Unfähig, dich für Augenblicke zu bewegen, erstarrst du zu Eis, denn jeder kleine Schritt lässt diese Bestie glauben, du wärst Futter, ein kleiner Snack vor Mitternacht.

Das Bellen des Tiers folgt einem, trotz vorsichtiger Schritte und in der Ferne erblickst du tatsächlich den Ausgang. Bald hast du es geschafft… falls nicht… Du wirbelst herum. War da was? Vermutlich nur Schnee, der von den Ästen herunter geweht wurde. Am anderen Ende, von dem du gekommen bist, hat sich doch etwas bewegt! Du starrst hin, versuchst etwas in der Dämmerung des frühen Nachmittags zu erkennen. Da ist doch jemand. Deine Füße bewegen sich fort, rückwärts, erst vorsichtig, dann schneller, dann drehst du dich um und rennst los. Es kann nicht so schnell sein, doch nur Augenblicke später fühlst du seine Fingernägel an deiner Kapuze kratzen, fühlst, wie du an einen Zaun knallst, nur um im nächsten Augenblick Schnee in den Nacken zu bekommen, weil deine Aktion einen Ast gelöst hat, der nach oben schnellt und seiner Last an Winterwunderland befreit wird. Für dich jedoch, mein Freund, ist der Schnee eine Hand, seine Hand, die des Todes, die des Vergessenwerdens. Die Brücke, kaum einen Meter breit, die über den Bach in den Karpfenteich eines der Anwohner fließt, siehst du kaum noch, hörst nur das Knirschen der Bretter unter dir und schießt, nur wenige Schritte davon entfernt, hinaus ins Freie.

Du schüttelst dir den Schnee, dessen Schmelzwasser schon den Nacken hinunterläuft, vom Hals und blickst im Augenwinkel hinter dich. Dort ist, wie so oft, niemand, keine Gestalt aus Ästen und Zweigen, keine Kinder, die mit dir spielen wollen… nur der Pfad, der wieder daliegt, als wäre nichts geschehen, dessen Boden mit deinen, nur deinen Stiefelabdrücken gesät ist, deren Schatten sich im Dämmern des beginnenden Abends auflösen.. dessen Zweige, Händen gleich, Abschied winken und der Wind, der durch die kahlen Hecken weht, ein Versprechen flüstert… auf dich zu warten, auf dich und auf mich zu warten, ganz gleich, wie groß und erwachsen wir uns hier, im Licht unserer allzu sicheren Wohnung fühlen.

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