Finger trifft Klingel

Finger trifft Klingel

Parkplätze? Wer braucht die denn? Vermutlich irgend so ein Wichtigtuer, der keine 20 Meter bis zum Hauseingang laufen muss, der einfach nicht weiß, was sich gehört. Parkplatz = lebenswichtig.

Stattdessen 20 Runden fahren, bis sich mal ein winziger Renault, Marke 50er Jahre Vintage-Model mit angezogener Handbremse aus der Parkbucht entfernt, in die er auch kaum hineingepasst hat. Vorsichtig gibt das Auto Gas und… würgt sich ab. Warum? Wieso? Hab ich was gemacht? Oooh, dahinten kommt jemand von der Konkurrenz. Ich glaube, ich erkenne das Nummernschild. Mist, den konnte ich schon damals nicht leiden. Der hat immer angegeben, wie viele Freundinnen er hatte und was er monatlich an Geld für Technik und Alkohol ausgeben könne. Klassischer Papa-Sohn. Ich könnte kotzen, nun kommt der auch hier her. Gib Gas, du dummer Winz-Wagen vor mir. Hellblau, widerlich. Ekelhaft. So, nun bist du draußen. Und nun, Gas.

Wie was? Motor hat sich pfeifend verabschiedet. Ein Blick in den Rückspiegel. Feind auf 8 Uhr. Gaaas geben. Zack. Krach. Bumm. Endlich in der Parklücke, nur schnell noch den Kratzer an dem roten Opel vor mir abwischen. Ich pfeife unauffällig, verwandle den Kratzer mithilfe meines Taschentuchs in eine Lawinenlandschaft. Ach hier war mein Kugelschreiber. Danke schön. Der Feind hupt. Nice. Ich winke: Hallo!!! Er nickt zurück, lehnt sich in seinen Sessel und fährt noch eine Runde.

Eine alte Frau quatscht mich an, wie ich darf hier nicht parken? Ich nicke furchterregend und merke mir den Namen, den sie mir an den Kopf wirft. Ihren Namen. Wie dumm kann man sein. Ich schreibe ihn in mein winziges kleines Buch oben im Kopf. LOL. Ich trete in Hundekacke und laufe ungerührt weiter. Sowas darf mich nicht stoppen. Den letzten Hund, der mich angefallen hat, habe ich die Hütte mit Zuckerwatte ausgestopft, was hat der geschaut und sein Herrchen geflucht, weil das Dreckszeug nicht wirklich rausgepult werden konnte. Tja, Pech. Wer legt sich auch mit dem “Meister” an.

Ein Dutzend Meter trennen mich vom Hauseingang, da hupt es wieder. El Enemy. Mein Erzfeind parkt. Parkt hier. In zweiter Reihe? Nee, der hat nen Parkplatz gefunden. Epic. Fail. Ich zucke. Gemütlich steigt er aus und hebt vorsichtig den Daumen. Ich schaue hoch und bemerke, dass sich die weiße Flüssigkeit, die sich ergießt, von einer Taube stammt, die auf die Farbe meiner Uniform reagiert hat. Er lacht. Ich lächele freundlich zurück. Ich hasse ihn. Wie von der Tarantel gestochen stürze ich mich zur Haustüre. Wühle in meinem Schlüsselbund. Finde den Schlüssel nicht. Klemme das Paket unter meinen Arm und schlage mit dem Ellenbogen auf die Klingelfelder. Stimmen kreischen mich an, einer hält es tatsächlich für angemessen, die Türe zu öffnen. In der Aufwärtsbewegung schiebe ich sie mit dem Stiefel zu.

So. 5 Stockwerk. Verflucht. Mit der Gewalt eines 40 Kilometermarsches krieche ich förmlich die Treppe hinauf. Unten höre ich die Türe sich öffnen, ein Klingeln und die Stimme. “Ach, Sie sind es wieder. Das ist aber lieb. Wissen Sie, das Paket kommt von meiner Schwiegertochter. Wollen Sie vielleicht eine Tasse Kaffee?” Ich fluche und haste weiter nach oben, hinauf in die immer stickiger werdende Weite des Hauses. Dunkel wird es. Endlich sehe ich die Türe, die einzige Türe in diesem Stockwerk. Mein Finger trifft die Klingel. Nichts. Nada. Erneut… Nichts. Daneben ein Zettel: “Lieber Lieferant. Bitte geben Sie das Paket im Erdgeschoss ab. Wir sind nicht da. Dankeschön! (Herzchen, Herzchen, Herzchen)”

Das Paket trifft den Boden, überschlägt sich. Irgendetwas im Inneren zersplittert leise. Ich schreibe eine Karte. Irgendwas mit “bei Nachbarn abgegeben” Denke mir einen Namen aus. Werfe das Paket auf den Wagen meines Feindes. Ignoriere aufmerksame Passanten. Ich glaube, ich mache gleich mal Mittagspause.

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