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Category: Midnight-Stories

Die Fremden

Die Fremden

»Robert!« Brian wirbelt herum, sein Gesicht ist kalt wie der Oktoberwind, der sich durch die halbtoten Äste der großen Linde über ihm schiebt. Keine Antwort. Wieder versucht es der Junge: »Robert!« Stille liegt über der Lincoln Street. Ein fernes Auto hupt, doch nach Augenblicken verhallen die Echos der durchdrehenden Reifen in der Finsternis. »Mist«, flucht der Junge, schlägt sich die Hand vor den Mund. »Robert«, flüstert er zwischen seinen Fingern hindurch. »Wo bist du?« Brian kennt die Antwort. Robert ist…

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Die Lawine – eine Gegenfabel

Die Lawine – eine Gegenfabel

Es hing ein Echo über den Bergen. Steine polterten noch immer über die trockenen Hänge, unaufhaltsame Schläge, die Sträucher und Bäume mit sich rissen, als wären sie einfach nie dagewesen. Splitter schwebten für Augenblicke über die brodelnde Landschaft, erinnerten an winzige Schiffe, die ankerlos über ein Meer aus Zerstörung und Wut geworfen wurden. Die Luft war erfüllt vom Brüllen der Erde, die sich wie eine Schlange häutete, ob sie wollte oder nicht. Blanker Felsen leuchtete unter den frischen Wunden. Sonnenlicht…

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Das Meer im 3. Stock

Das Meer im 3. Stock

Er erwachte vom einem einzelnen »Pling«, das in der sonst so stillen Wohnung wie ein Paukenschlag wirkte. Vermutlich hatte er es nur geträumt, so tief in seine Decke gewickelt wie nur irgend möglich. In diesen Stunden des Träumens von vergangenen Dingen war alles möglich. Auch ein »Pling«. Es folgte ein weiteres. Dann ein drittes. Er schlug die Augen auf. Die Decke über ihm funkelte verwirrend grün, wie eine alte Bierflasche, nur viel fader, als wäre sie von langen Jahren Sonne…

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Winternacht

Winternacht

In dieser Nacht war es so kalt, dass selbst die Gaslaternen an den Straßen mißmutig flackerten, als ob Ihre Seelen im Eis verhungerten, das über den Glaskugeln hing, die sonst wie winzige Sonnen in der endlosen Finsternis wirken sollten. Freudige Menschen bedachten dieses Flimmern kaum, denn Ihre Gesichter waren auf die immer neuen Attraktionen gerichtet, die die Schaufenster der Kaufhäuser belebten. Nur noch 2 Wochen, dann wäre wieder einmal Weihnachten und Schwärme rotbäckiger Kinder und Erwachsener belagerten jeden freien Winkel,…

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Jason und die Finsternis

Jason und die Finsternis

Er sagte, dass er um exakt 23:30 Uhr da sein würde. Mit einem Koffer voller Geld. Ja, das hatte er gesagt. Koffer und Geld in einem Satz. Er ist nicht da. »Ich komm mir verarscht vor«, sagt Jason immer und immer wieder. Seine Worte hallen von den kahlen Wänden der ehemaligen Fabrik wider. Einzelne Kabel schwingen umher, erinnern an Saiten einer zerbrochenen Harfe. Es ist kalt. Der Wind schleicht durch die Löcher, dort, wo einst Fenster waren. »Verarscht«, lacht er,…

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Blumenmuster und Zigarettenrauch

Blumenmuster und Zigarettenrauch

In der Ferne übt ein Kind Saxophon. Es kann auch ein Roboter sein, ein Anfänger in Sachen »Ich kann Musik machen«, doch es ist fraglich. Ich starre in den Rauch meiner letzten Zigarette, bevor ich aufhöre. Regentropfen zischen in der Glut, versuchen, die letzten Reste des Tabaks zu vernichten, bevor ich es tun kann. Rinnsale glänzen, den Spuren von Klauen gleich, auf der Tapete, soweit sie sich noch nicht von der Wand gelöst hat. Manchmal ziehe ich lange Streifen vom…

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Unter dem Berg liegt ein Schatz

Unter dem Berg liegt ein Schatz

Etwas geschieht mit mir und mit Stefan. Oder Stephan. Ich kann den Namen nicht aussprechen, nicht denken. Ich weiß, er steht dort, in der Mitte der Kammer, direkt unter dem Kreis, der sich einem Himmelsgewölbe gleich über unsere Köpfe stülpt. Er schweigt. Nur mein Herz lebt noch. Die Fackel flackert in meiner Hand, verlischt bald. Zu tief, viel zu tief, liegt diese Kammer. Hier muss der Schatz sein. Ich fühle den Berg über meinem Kopf, die Kraft seiner Schwere presst die Luft…

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Rupert Namenlos

Rupert Namenlos

Der letzte Schritt war getan. Die Möglichkeit, sich selbst aus den Köpfen der Menschheit zu entfernen, lag nur einen Knopfdruck entfernt, ggf eine kleine Nachjustierung der Maschine. Dann aber, in ein paar Minuten, kabumm, alles wäre überstanden, alle Erinnerungen ausgelöscht, alle Geheimnisse wieder geheim. Nichts wäre mehr übrig von Rupert J. Ponyhouse, Wissenschaftler und Nullnummer, Opfer sovieler Angriffe, nicht nur wegen seines Namens, auch wegen seiner Theorie, dass das menschliche Bewußtsein nur eine Laune einer hyperdimensionalen Multifrequenzübertragung wäre, die Verknüpfung…

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Die Jagd

Die Jagd

Stille kein Ton dringt an sein Ohr nur langsam, in weiter Ferne, sein Herzschlag, wie Nebel. Er dreht seinen Kopf, die Welt zieht vorbei, grün und braun, im Hintergrund dunkles Blau, von weißen Kringeln durchzogen. Seine Fußzehen bohren sich in die Sandalen, Fichtennadeln stechen seine bloßen Füße. Er geht in die Knie, wischt sie ab, hört das leise Kratzen seiner Finger, die über die ledernen Riemen rutschen. Weiterhin Ruhe. Ein Hauch von Wind atmet in sein Genick, er zuckt zusammen,…

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Zwei Schatten

Zwei Schatten

Ich sah die Gestalt vor mir auf dem Weg zur U-Bahn. Ihr riesiger Schatten schien die Welt auszulöschen, aber es war nur das taktisch schlecht platzierte Licht der Laternen an den weiß-bemalten Neubewohnerhäusern, die zeigen wollten, wie hip sie wären, in dem Sie diese Lämpchen von Dämmerung zu Dämmerung dahinschweifen liefen. Er war schneller als ich, ich wanderte langsam nach meinem Arbeitsabend durch die beginnende Nacht. Die Straße war fast leer, ein paar Fenster waren offen und hinterließen einen sanften Teppich…

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